Wir verbringen noch eine weitere Nacht im Val Grisenche, und nutzen die Höhe zum Akklimatisieren. Wenn alles klappt, geht’s ja doch auf 3.400m hinauf. Mit dem etwas schlechteren Wetter fahren wir hinunter ins Aosta Tal, waschen endlich den Saharastaub vom Bus, streunen etwas durch die alten Dörfer und warten auf Donnerstag mit der Einschreibung zur Tour de Rutor, Martina, Johannes und Rainer.
Drei Tage Skitourenrennen im Team und alpinen Gelände, für die Profis „Long-Distance“ Weltmeisterschaft, wenig Schnee und nach wochenlangem Sonnenschein wird es pünktlich zum ersten Tag schlecht. 2016, als Rainer und ich das erste mal hier waren, war es ähnlich: Es hatte deutlich mehr Schnee im Tal, aber nach sonniger Anreise starteten wir drei Tage lang bei Nieselregen, liefen stark verkürzte Etappen und kamen im Nebel nie richtig hoch hinaus. 2018 gab es perfekte Bedingungen – leider ohne uns. 2020 waren wir gemeldet – naja, Covid-19 Absage.
Wir checken im netten Hotel du Mont zusammen mit dem französischem Nationalkader ein, und treffen Rainer, Johannes und Martina beim obligatorischen Covid Test.
Wegen des Wetters wird heuer die erste Etappe nicht über den Testa del Rutor gelegt. Gut, dass Lenzi und ich paar Tage zuvor schon oben waren. Bei wechselndem Wetter, Schneefall, Wind und Kälte, aber auch Sonne und angenehmen Temperaturen wird es eine tolle Etappe. Rainer ist gesundheitlich etwas angeschlagen, ich komme ab gut 2.200m in Fahrt. So bleibt mir das Gezogen-Werden und der tiefrote Bereich erspart. Im Ziel warten Lenzi und die Sonne, es ist warm, alles passt. Überraschend werden wir mit zwei Minuten Rückstand vierte in der Klasse der Alten Herren.
Am zweiten Tag starten wir im Val Grisenche und laufen etwa 150Hm hinauf zum Schnee. Der schnelle Start ist mal wieder nichts für mich: Mein Puls bleibt im Keller, ich bekomme kaum Luft. Erst nach gut 30 Minuten und wieder über 2.200m finde ich meinen Rhythmus und mein Tempo. Anstatt die zwei Minuten aufzuholen, kassieren wir sechs. Wenig hilfreich dabei: ein unbeabsichtigter Bodycheck eines anderen Athleten beim Losfahren nach einem Wechsel. Ich stürze, verliere einen Ski, der nimmt sofort Fahrt auf, bleibt aber nach 50m stecken. Welch Glück. Zum Ziel müssen wir etwa 8 Minuten laufen – Frühjahrsskitour halt. Auch heute war das Wetter besser als erwartet. Oben am Grat hatten wir Sonne, anstatt Wind und Kälte, die Sicht war gut. Kaum sind wir unten, kommt das schlechte Wetter; wir frieren und verziehen uns.
Ob es am dritten Tag hinauf zum gut 3.400m Château Blanc geht, soll kurz vor dem Start entschieden werden. Am Morgen blauer Himmel, alles stimmt für die letzte tolle Etappe. Trotzdem: zum dritten mal knapp 2.500hm. Bei aller Freude, da hast schon auch Respekt, frage nicht. Wieder tragen wir die Ski etwa 350Hm. Es läuft etwas besser als am Vortag, heute sehen wir um uns die Teams vom ersten Tag. Wir laufen die ganze Etappe mit den Jungs, die bei den alten Herren vor uns liegen. Weder sie, noch wir können sich absetzen. In der letzten, 1.800Hm langen Abfahrt sind Rainer und ich platt und eher langsam unterwegs. Egal. Es bleibt eine geniale Etappe im Hochgebirge.
Vielleicht gerade wegen der eigentlich schlechten Bedingungen mit wenig Schnee und dem jeden Tag angesagten schlechten Wetter waren es sehr intensive drei Tage bei der Tour de Rutor. Jeden Tag Schneefall, Wolken, Nebel, Sonne, frieren, schwitzen, jede Form von Schnee. Es wurde nie langweilig. Und richtig schön wird das Gebirge eh erst mit ein paar Wolken.