Die letztjährige Tour TransAlp hat mich infiziert. Unbedingt wollte ich das nochmal fahren und weil es sich so ergab, eine Woche später gleich noch den PeakBreak (eine achttägige Alpenrundfahrt – s. nächster Post) anhängen. Da passte es gut, dass Robert Lechner. als unser gemeinsamer Trainer vorschlug, die TransAlp mit Kerstin Brachtendorf zu fahren. Für sie war es eine Vorbereitungswoche für die Paralympics, ich sollte mich angesichts des PeakBreak nicht hier schon abschiessen, warteten doch 1.800km und 36.000Hm mit beiden Rennen und den gerade mal sechs Tagen Pause dazwischen auf mich. Ein Experiment…

Dream Team

Es solten vier ruhige Tage werden bevor wir “Gas geben” durften. Gut so, denn da Kerstin 2007 die Damenwertung gewann, hatte ich grossen Repekt davor, mit ihr zu fahren.

Allora, am Samstag treffen Axel, der uns wie im vergangen Jahr betreut, und Kerstin bei uns zuhause ein, und mit einem leckeren Abendessen beginnen wir unsere TransAlp-Woche.

Leckeres Renn-Mahl von Andrea mit dem verhinderten Christian Sacher

1. Mittenwald – Sölden

Der erste Tag über das Kühtai wird brutal heiß: Ich fahre leistungsmässig “ruhig”, der Puls ist aber am Anschlag. Anfangs trinke ich zu wenig (wieder mal der Anfängerfehler bei der ersten Etappe) – zack, rechts und links ein Krampf. Den Weg nach Sölden hänge ich in Kerstins Windschatten. Eieiei, das kann heiter werden, wenn das die ruhigen Tage sind. Abends wird es schwer in Sölden ausserhalb der Pastaparty etwas zu essen zu bekommen. Die Saison beginnt erst später, bzw. ist nur im Winter.

2. Sölden – Brixen

Am nächsten Tag eine kleines Aufbegehren meines Magens am Jaufenpass. Schlimme Erinnerungen an das letzte Jahr. Hinter uns liegt das regnerische und kalte Timmelsjoch. Von gestern habe ich mich erholt und es rollt gut hinauf in den Nebel. Nach der Abfahrt zum Jaufen konnten wir unsere Regenklamotten abgeben. Erst kurz vor dem hinunterrollen zum Start hat es richtig zu regnen begonnen und uns zu den regensachen greifen lassen. Gut, dass sie nun im Auto nach Brixen fahren, denn bei der Abfahrt pflügen wir durch Starkregen und Sturmböen eines Monsterschauers.. Im Tal aber wieder Sonne. Wir sind in einer großen Gruppe unterwegs. Irgendwo vor Brixen rauscht Kerstin nach vorne in den Wind – wir hatten uns bislang versteckt. Ich verwirrt hinterher und frage was denn los sei. “Attacke :-)”. Geil!. Also durchgezogen und über die Wellen gedrückt. Ein Schild: “Ziel 500m” – yiieppiheihey!!! Aus der Gruppe können nur  zwei folgen. Und sie holen uns auch nicht mehr ein.

3. Brixen – St. Vigil

Von Brixen nach St. Vigil läufts ruhig. Das Würzjoch ist weniger steil als erwartet, die Texelgruppe schaut wunderbar aus, schön blühen die Almen. Genial, wenn man Reserveen hat und die Landschaft genießen kann.

Quasi schon am Zielort biegen auf eine Ehrenrunde über den Furkelpass ab. Hier werde ich in gut einer Woche auch beim PeakBreak fahren. Mein rechtes Schienbein macht etwas Probleme. So lege ich “ein Scheiterl” drauf, überhole ein russisches Mixed Team, die sich nervös nach Kerstin umschauen. Ich bleibe aber stehen und korrigiere meine Pedalplatte. Anschliessend reihe ich mich wieder bei Kerstin ein. Das russische Mixed-Team holen wir genau am Pass ein, in der Abfahrt hängen wir sie ab. Chacka!

4. St. Vigil – Falcade

Der letzte ruhige Tag bringt die wohl schönste Etappe. Vorbei an Sella, Marmolada und Civetta ins fast ausgestorbene Falcade. Im Flachstück der Abfahrt vom Grödner Joch hinüber zum Sellajoch schnalle ich mich vor Kerstin. Unterarme auf den Oberlenker, Zeitfahrposition, die Carbonfelgen geben Sound und vorbei an einer 25 köpfigen Gruppe.

Die Dolos san hoid schee

An der Marmolada sehe ich Skispuren unterhalb des Gipfels. Meine erst noch vor kurzem gemachten Skipläne sind weit weg. Die Abfahrt vom Fedaia ist rasant, im Tal wieder die typische Gruppe.
Im letzten Anstieg nach Falcade wird es eng. Fast ein Sturz als der vor mir fahrende aus dem Sattel geht und dabei das Rad nach hinten, mir auf das Vorderrad schiebt. Wir haben Rückenwind, also mal angetreten. 30m Vorsprung. Kerstin kommt hinterher, ist nicht ganz begeistert, wir finden aber ein gemeinsames Tempo und fahren davon.

 

Nach dem letzten ruhigen Tag

Wir übernachten weit oberhalb Falcade in einem gemütlichen einfachen Rifugio. Es gibt Polenta mit Kaninchen, Pilzen, was auch immer und ein tolles Frühstück. Schee. Die schönste Übernachtung.

5. Falcade – Bassano di Grappa

Angriff! Erster Tag an dem wir Gas geben können. Hinauf zum Passo Valles vor dem Rolle-Pass klappt es noch nicht ganz, am Rolle legen wir zu. Die Gruppe auf dem Weg zum Monte Grappa läuft gut, wir verlieren sie aber wenige Kilometer vor dem Anstieg, da unsere Verpflegung im Flachen vereinbart ist, och dazu erwischt Kerstin nur die kleine Flasche. Ich kehre um, hole die Große, fahre wieder vor zu ihr und ziehe uns im Zeitfahrstil an den Anstieg. Lang, dafür sehr heiß geht es rauf. Die Gruppe sammeln wir zum Teil weiter oben wieder ein, der Grappa gibt sich widerspenstig, als er nach kurzer Abfahrt einen 150Hm Gegenanstieg präsentiert. Den hätte es nicht gebraucht.

Eigentlich kein schlechter Abfahrer

Ein zuvor überholtes Mixed Team schnappt uns wieder in der Abfahrt. Sakra – ich denke, ich fahre nicht schlecht ab, aber als eine unübersichtliche Rechtskurve die Beiden und mich deutlich in Bedrängnis bringt, lasse ich es gut sein. Wir fahren in Wände heißer Luft der nahen Adria und haben unten noch etwa 7 wellige Kilometer zum Ziel. Ich hänge wieder vorne rein, etwas schnell, wir sammeln Leute ein, heiß, eng, ein Auto überholt sehr knapp, ich ärgere mich, schlage auf das Autodach, Adrenalin, und drücke drauf. Kerstin fällt aus der Gruppe. Das war unbedacht von mir, ich warte, es fliegen ein paar Fetzen. Im Ziel suchen wir Schatten, kurz alleine sein, dann passt wieder alles. Teamwettbewerb.

6. Bassano – Trento

wird die stärkste Etappe. Über den ersten Anstieg kommen wir gut, der zweite ist wieder heiß und Kerstin hat damit zu kämpfen. Wir verlieren nicht viel. Zur flachen Abfahrt nach Trento ist sie wieder erholt und versteckt sich in meinem Winschatten. “Go!” wird zum Signal, ich gebe Gas, wir fahren Gruppe um Gruppe auf. Sobald getreten werden muss bestimmen wir das Tempo und ziehen sie hinter uns her. Wir schnappen ein weiteres Mixed Team, lassen niemanden mehr vorbei. Bergab treten, immer treten. In Trento sind wir 12. der Mixed Teams , es gibt ein paar Komplimente der im Windschatten gefahrenen Teams. Wir steigen wie wir sind gleich in einen kleinen Brunnen.

7. Finale: Trento – Arco

Letzter Tag, Mt. Bondone, Arco. Kerstins Hausberg läuft nicht ganz wie erwartet, besser: erhofft. Ich bin etwas enttäuscht, aber nicht verärgert – ein wichtiger Unterschied. Es huift ja nix: Keiner fährt absichtlich langsam. Kerstin ärgert sich am meisten.

Dafür läuft die Abfahrt wesentlich besser, im Flachen erholt sich Kerstin wieder und ab Ponte Arche riecht Kerstin die paradiesische Luft ihrer Wahlheimat. “Go!” kommt von hinten. Ein Tiroler wirft sein leere Trinkflasche ins hohe Gras. Ob er nun schneller sei, frage ich. “Wir sprechen weiter, wenn das Laktat aus den Beinen ist.” antwortet er. Auf die antwort “Welches Laktat?” komme ich leider erst als ich ihn hinter uns nicht mehr erkenne. Zum Lago di Tenno sammeln wir wieder Gruppen ein. Die Abfahrt nach Arco ist schnell, es hat wenig Verkehr, niemand überholt nachdem wir die, die das gemacht haben an einer kleinen Gegensteigung zu Beginn wieder stehen liessen. Tja, und in Arco erkenne ich den Pfeil nicht richtig, fahre leicht linkshaltend gerade aus anstatt rechts abzubiegen. Gleich bemerkt und mit einem Stoppie viel Bremsgummi vernichtet. Nur blöd, dass genau an dieser Stelle der Streckenchef des italienischen Teils der TransAlp, der zugleich Teilsponsor Kerstins Team ist, steht. Er wird mich später noch mit ernstem Blick ermahnen 😉
Anyway, nix passiert, ich schau, dass ich hinterherkomme und das wars dann: Ziel.
Am Brunnen des Friedhofs machen wir uns noch fertig fürs zielfoto und rollen dann gemütlich in den Trubel. Dort empfangen mich Andrea und Lorenz. Gibts was schöneres?

Beinah noch verfahren
Beinah noch verfahren