Eigentlich sollte hier mal alles mögliche stehen. Nun nutze ich den Platz, um einen einfachen Blog über meinen Unfall am Supercouloir und desssen Folgen zu schreiben. Die ersten knappen fünf Monate schreibe ich rückblickend im September. Bis dahin traute ich mich nicht daran, die Geschichte schwarz auf weiss zu sehen.


19.02.2008

Hmmm, schon lange nichts mehr geschrieben. Heute war ich auf Skitour und ich bin überglücklich, dass ich das noch machen kann. Die winterlichen Berge sind halt einfach ein Traum und ziehen mich magisch an. Gschmeidige Abfahrten durch Firn oder Pulver - da spüre ich wieder das Leben, vergesse den Arm, bzw. ignoriere die Schmerzen.
Ansonsten habe ich angefangen auf der Rolle für das Rennradfahren zu trainieren. Mal schaun was das wird. Insgesamt bekommn wir unser Leben wieder in den Griff. Andrea hat auch mit der kletterei abgeschlossen und wir konzentrieren uns auf das Radfahren und auf uns. Auf unsere Familie.


07.11.2007

So, seit vorgestern bin ich im Rahmen des Wiedereingliederung-Programms wieder am arbeiten. Schön, wieder durch anderes bestimmt zu sein, als durch den Arm. Auch, wenn ich sicherlich in ein paar Wochen auch den ein oder anderen Tag genug vom Büro haben werde.
In den letzten Tagen habe ich angefangen Teile meiner Kletterausrüstung zu verkaufen. Mit am schwersten viel es mir, mein in vielen Stunden mühsamer Arbeit gebautes Brett zu feil zu bieten. Aber nun kam es zur Penzberger Jugendgruppe der AV Sektion Neuland. hier Kann Lorenz noch hin, wewnn er will und es erfüllt einen guten Zweck. Weiterhin sind Bouldermatte, Steigeisen und Seil dran. Ich brauch es nun ja wirklich nicht mehr....


23.10.2007

Schon wieder ist ein Monat vergangen und ich bin nun in der letzten Woche des IRENA Programs. Hin und wieder bilde ich mir ein, dass ich bereits eine Änderung im M. Deltoidis spüre. Eigentlich ist das viel zu früh, aber mal sehen. Auf alle Fälle ist die Beweglichkeit in der Schulter schon wieder besser als vor der OP.
Heute kamen wir von vier Tagen in Arco zurück. Ich konnte drei Mal radfahren und war auch schon wieder fünf Stunden unterwegs. Auch Andrea war radfahren und sogar wieder mal am Fels. Es lief immer noch gut bei ihr und es ist, sportlich gesehen, wirklich schade, dass das ambitionierte klettern nun auch f&uum;r sie zur Vergangenheit gehört. Lorenz hatee ebenfalls viel Spass. Da wir nun abwechselnd radeln, bzw. nach einem langen Tag auch mal einen Ruhetag einschieben, hat er nun wesentlich mehr von uns im Urlaub. Das waren mit die besten Tage seit einem halben Jahr!


23.09.2007

Überraschebderweise werde ich heute bereits entlassen. Gerechnet hatte ich mit weiteren ein, zwei Tagen. Nun gut, ich habe nichts dagegen - hoffentlich war's das dann.
Das Loslassen des alten Lebens ist jeden Tag Thema im Kopf. Aber ich habe das Gefühl, dass ich mich mit dem Gedanken, nun am Start zu vielem Neuen zu stehen gut in den Griff bekomme. Sicher wird es noch viele schwierige Situationen geben, aber huift ja nix. Auf alle Fälle hat sich gezeigt, wer Freund und Bekannter ist. Von einigen bin ich doch recht enttäscht, anderen bin ich f¨r ihre ehrliche Hilfsbereitschaft dankbar.


21.09.2007

Nach ziehen der Drainage geht es mir heute einigermassen gut. Letzte Nacht endlich wieder gut geschlafen.
Der Gedanke, die Behinderung als Chance anzusehen, um etwas neues kennenzulernen gefällt mir recht gut. Gerade das Radfahren, das Fahren in der Behindertenklasse LC1, steht hier sozusagen vor der Tür. Auf der Fahrt vorgestern nach Deggendorf rief mich Wolfgang Sacher an. Er ist LC1-Strassenweltmeister 2006 und so wie ich aus Penzberg. Mit etwas Spass meinte er, er hole nächstes Jahr Gold bei den Paralympics, mache seinen Trainerschein und ich werde sein Nachfolger. Mit einem ehemaligen jungen Bundeswehrsoldaten aus Murnau (er verlor ein Bein bei einem Sprengstoffanschlag in Afganistan) seien wir dann drei behinderte Rennradfahrer im Versehrtensportverein Penzberg. Fehlt nur noch ein Sponsor, der uns zumindest die Kosten vom Kopf hät... Ob ich allerdings dazu bereit bin, den immensen Trainingsaufwand zu leisten? Jetzt schaumermal, wie es im Winter mit der neuen Rolle läuft.


19.09.2007

Die vordere OP Wunde ist stark geschwollen. Dass KKH in Penzberg rät mir, nochmals nach Deggendorf zu fahren, um das dort kontrollieren zu lassen.
Es ist ein grösseres Hämatom in der Wunde und muss ausgerät werden. Noch am gleichen Tag werde ich wieder operiert. Diesmal jedoch nur 15 Min.


16.09.2007

Ich werde aus dem KKH Deggendorf entlassen und freue mich auf zuhause.


KKH Deggendorf

Nachdem ich mich fast zwei Tage von der OP erholen musste, fing ich an die Zeit zu nutzen: Einige Sachen der Webseite wurden üarbeitet, und ich schrieb diesen Blog.


12.09.2007

Gestern wurde mir 8 Stunden lang der Axilarisnerv operiert. Wie Prof. Rath erwartete, war der Nerv stark aufgefasert und vernarbt. Gut, dass mir niemand sagte, es würde 8 Stunden dauern. Montags verpasste ich das Mittagessen im Krankenhaus, abends ists dort ja nie recht üppig, so hatte ich nach der OP erstmal zwei Tage einen Bärenhunger. Dazu kamen Druckstellen durch das lange liegen auf der Hüfte. Auweia.


05.09.2007 Das EMG (Messung des elektrischen Potentials im Muskel, das durch willkürliche Anspannung entsteht) heute zeigte zwar vereinzelt Potentiale aber viel zu wenig für die bereits vergangene Zeit. Aus irgendeinem Grund entscheide ich mich dafür, die OP in Deggendorf bei Prof. Rath machen zu lassen.


August 2007

Tübingen, Prof. Tatagiba - das Gespräch verläuft nett, aber mit insgesamt nicht einmal 15 Minuten recht knapp. Er ermutigt mich, weiterhin die Finger zu trainieren, operativ sei da jedoch nichts möglich. Wegen des Axilaris schlägt er eine weitere Messung vor, daraufhin solle ich mich nochmals vorstellen. $$ macht ca. 160EUR für die Chefarztbehandlung$$ Mit meinen Eltern schlendere ich noch durch Tübingen und kaufe Andrea Schmuck. Abends gehen wir noch Maultaschen essen und fahren wieder zurück.

Deggendorf, Prof. Rath spricht ausführlich mit mir (45 Min). Er erklärt mir, was möglich ist, wie der Axilaris verläuft und was er machen würde. Er macht auf mich einen kompetenten, ruhigen Eindruck. Er scheint zu wissen was er tut und bespricht mit mir noch eine Alternative der Schmerztherapie. Sollte es nicht besser werden und ich in meiner Lebensqualität zu sehr eingeschränkt sein, könne man die ausgerissenen Spinalnerven veröden. Es gäbe nur wenige, die dies machen. Er sei einer derjenigen.

Günzburg: Dort wird ein Myogramm (Röngtenaufnahme der Wirbels&aul;e nach einspritzen von Kontrastmittel in den Spinalkanal) aufgenommen. Es wurde eine komplette sehr standartisierte Durchsuchung durch einen Assistenzarzt gemacht. Prof. Antniadis oder Prof. Richter sah ich dann leider nicht mehr, da sie jeweils in einer Op waren. Ein paar Tage später telefonierte ich mit dem Assistenzarzt: OP auch nur für Axilaris möglich, zuvor noch eine Messung machen. Am besten bei Prof. Bischoff in München.

Nun ist guter Rat teuer. Wohin gehen?


Juli 2007

Das IRENA Program läft und mittlerweile zuckt der Ringfinger etwas :-) Nicht viel, eigentlich gar nichts, aber eben ein kleiner Schritt.

Mein Scchwager trifft Prof. Rath aus Deggendorf und erzählt ihm von meinem Unfall. Prof. Rath ist Neurochirurg und die Deggendorfer Klinik ist Kehrkrankenhaus der UNI Hannover. Dort wurde AFAIK die Neurochirurgie in .de vran gebracht. Ich solle bald vorbeikommen, denn das Zeitfenster für die OP schliesse sich langsam.
Das war ein Tritt in den A.... und ich vereinbare Termine in Deggendorf, Tübingen und Günzburg.


Juni 2007

In Bad Wiessee geht es mir unter der Woche relativ gut. in der ersten Woche ist Andrea mit Lorenz und einer Freundin in Kroatien. Der lang geplante Urlaub tut ihr gut. In dieser Woche bekomme ich viel Besuch von Freunden. Auf REHA ist alles ok: jeder hat sein Leiden. Jeder versucht abzuschätzen, ob er der Einäugige unter den Blinden ist. Krass sind die Unterschiede im Behandlungsumfang. Als BfA Patient rangiert man am unteren Ende. Besser geht es den Privaten, am besten sind Bundeswehrangehörige gestellt.

Zuhause ist dann am Samstag erstmal alles anders. Ich schlafe lange, bin niedergeschlagen für nichts zu motivieren. Nur wenn Freunde zu Besuch kommen, kann ich etwas gute Laune verbreiten. Sind diese weg versinke ich wieder in mir. Für Andrea bin ich so eine grosse Belastung. Zum einen bleibt so weiterhin alles an ihr hängen, zum anderen bin ich zu nichts zu gebrauchen während ich unter der Woche motiviert und gut gelaunt erscheine. Irgendwann ist klar, dass mir zuhause eben wieder bewusst wird, was alles nicht funktioniert.

Die REHA zeigt zumindest in der Schulter Wirkung: Die Beweglichkeit und Kraft nimmt deutlich zu. Vor allem der Trizeps wird stärker.

Die zwei Wochen Verlängerung auf gesamt fünf Wochen klappen nur wegen des heftigen Dafürsprechens der Ärztin aus Murnau. Sie kommt alle zwei Wochen nach Bad Wiessee und schaut nach ihren Schäfchen.

Nach fünf Wochen Bad Wiessee komme ich zur IRENA (Intensivierte REhabilitation und NAchsorge) nach Bad Heilbrunn. Das Programm dauert für orthopädische Fälle 8, für neurologische 12 Wochen. Ich laufe erstmal für 8 Wochen ein.

IRENA besteht i.d.R. aus Medizinischer Trainingstherapie und einer Gruppenanwendung (in meinem Fall Schultergruppe im Wasser). Nur nach meinem massivem Einwand hin bekomme ich anstatt der Schultergruppe Ergotherapie

Da ich immer mehr mit dem Fahrrad fahre, überredet mich Andrea zum Kauf eines MTBs mit Federgabel.


18.05.2007

Beginn der HAB in Bad Wiessee. Fünf Wochen intensive REHA stehen vor mir. Im Nachhinein wäre Bad Heilbrunn vielleicht besser gewesen, da die Klinik dort mehr auf neurologische Fälle spezialisiert ist. Hingegen ist der Medical Park auf Orthopädisches ausgerichtet. Nun, auch des is scho rum ums Eck.


17.05.2007

Erschreckend, wie schnell die Muskeln schwinden. Der rechte Arm ist kaum mehr wieder zuerkennen. Immer wieder geht es mir richtig schlecht. Ich kann mich kaum vom alten Leben trennen. Soviele Pläne, soviele Träume. Andrea und ich hatten alles auf das klettern ausgerichtet und versuchten sanft unseren Kleinen mit einzubauen. Sicher wären mit ihm die nächsten Jahre etwas anders gelaufen, möglicherweise entwickelt er auch kein Interesse an den Bergen, am klettern. Aber wir träumten von der kletternden Familie. Andrea und ich noch mit grauen Haaren im Bus zu den verschiedenen Klettergebieten unterwegs. Ich begleite den Kleinen bei den ersten grossen alpinen Touren. Alles dahin. Hinzu kommen die Schmerzen, die durch die geschädigten Nerven verursacht werden. Bis zu 300mg Traumal brauche ich am Tag und bin dennoch nicht schmerzfrei. Immer wieder schiessen starke Schmerzen in die Hand. Dann geht gar nichts mehr. Nur noch warten, bis es aufhört. Nur gut, dass es in der Nacht besser ist. Manchmal kommt alles zusammen und ich breche zu einem Häufchen heulenden Elend zusammen. Andrea hilft mir über diese Tiefpunkte hinweg und nur sie und unser Kleiner geben mir die Kraft weiterzumachen.

Immerhin bin ich heute mit dem Rad ins Schwimmbad, zur Physiotherapie und in die Stadt gefahren. Einige Besorgungen musste ich noch für die HAB machen, anschliessend ging ich zum mittagessen. Irgendwie ein Stück Normalität und ich fühlte mich grossartig.


09.05.2007

Neben der Physio- und Ergotherapie besuche ich täglich das Hallenbad. Im Warmwasserbecken kann ich den Arm besonders in der Schulter durchbewegen. Das tut richtig gut und lässt den Arm abschwellen.


08.05.2007

Entlassung aus der BUG Murnau. Andrea hat mittlerweile Ergo- und Physiotherapie organisiert, um die Behandlungen im Krankenhaus weiterzuführen. Weiterhin ist bereits für den 19.05. eine HAB (Heilanschlussbehandlung) im Medical Park Bad Wiessee organisiert.


30.04.07

Es ist klar, dass ich für lange Zeit beruflich ausfallen werde. Ich telefoniere mit dem Vorstand meines Arbeitgebers (science + computing ag). Er versichert mir, dass dies kein Problem ist, mei Arm weitmöglichst wieder gesund werden soll und ich mir keine (beruflichen) Sorgen machen soll. Mir fällt ein Stein vom Herzen.


24.04.2007

Das Schlüsselbein und Acromion werden operiert. Eine Platte fast über die komplette Clavicula und zwei Schrauben im Acromion halten die Knochen zusammen. Wenn's nur das wäre.


19.04.2007

Am nächsten Tag nochmal Kernspinn, dann kommt die Diagnose: Wurzelausrisse bei C7, C8, evtl. auch Th1. Meine Finger der rechten Hand werde ich nie mehr wie noch vor gut 24h bewegen können. Klettern ist für mich zur Vergangenheit geworden. Ich will es die ersten Tage nicht wahrhaben. Und es wird mir noch lange schwer fallen, diesen Umstand zu akzeptieren. Immer wieder fange ich an, Entscheidungen zu suchen, die, anders getroffen, den Unfall verhindert hätten. Schneller in der Früh, um als erste einzusteigen. Sonntags, als ich wegen einer Serumansammlung an der Hüfte (wegen eines Radsturzes 10 Tage zuvor) noch im Krankenhaus war, der Arzt, der mir von Sport hätte abraten können. Die Felsschuppe, die einen Tag früher oder später hätte herunterfallen können. Aber alles müssig, der Stein ist schon unten, die G'schicht scho 'rum ums Eck. Ein Glück eigentlich, dass ich das überlebt habe, und dass der Andi nicht mehr passiert ist.


18.04.2007

Alles klappte bislang recht gut: Andi Fichtner und ich hatten uns Ende letzter Woche kurzfristig für das Supercouloir zusammentelefoniert. Sie konnte ein Sportkletterwochenende nicht mehr absagen, ich wollte mit der Familie noch einen Tag Sportklettern und am Sonntag ein C-Klasse Rennradrennen mitfahren. Das Wetter war dauerhaft schön angesagt, die Verhältnisse gut - so machten wir uns keinen Stress mit Anfahrt und Auffahrt mit der Gondel. Montags Anreise, Dienstags mit der letzten Gondel hoch, im Zelt in Einstiegsnähe schlafen, Mittwochs das Couloir und möglichst noch weiter zum Gipfel, Abstieg und nochmals eine Nacht im Zelt, Donnerstags Abfahrt und gemütlich nach Hause fahren. So war der Plan. Ausser Plan war, dass wir nun die 2. Seilschaft waren. Nun gut, das Couloir ist relativ breit, in den letzten Tagen waren mehrfach mehrere Seilschaften gleichzeitig unterwegs, und der Einstieg über den Cervasutti Pfeiler ist eh kein Problem.

Als Janu aus der vorauskletternden Seilschaft den 1. Stand verlässt, steige ich in die erste SL ein. Wir hatten eine ruhige, fast windstille Nacht, obwohl das erste Mal zusammen mit Zelt-Biwi unterwegs, ergänzten Andrea und ich uns recht gut, es ist mit etwa -6 Grad nicht sonderlich kalt und der Fels fühlt sich angenehm und rauh an. Die ersten Kletterzüge laufen gleich recht gut, obwohl mir das Spreizen und Piazen nicht so recht liegt. Im Schein der Stirnlampe komme ich schnell höher, klippe den ersten Haken, lege noch einen Keil hinzu, erahne einen tollen Klettertag und freue mich mit dem Tag, der gerade weit hinter mir im Rücken beginnt. Einige Passagen kommen mir bekannt vor von einem Versuch mit Franz vor einem Jahr in Januar. -15 Grad und Neuschnee bremste uns arg aus, und nach vier Stunden allein für die Einstiegsl. kehrten wir damals wieder um. Doch nun ist alles viel leichter und bald stehe ich knapp links unterhalb des ersten Standes. Die nächste Stelle erscheint unangenehm und erschliesst sich nicht sofort. Lieber doch einen Friend Links in den dazu quasi dafür gemachten Riss platzieren. "Oui, c'est un petit froid...", antworte ich Fiffi, dem zweiten Schweitzer aus dem Wallis auf seine Frage, ob es kalt sei. Das blaue rote Seil hochziehen, um es in den Friend zu hägen....
Von oben kommt ein Schrei. Es poltert. Ich weiss sofort, dass Steinschlag kommt, presse mich an die Wand. Schon reisst nich ein gewaltiger WSchlag auf die Schulter aus der Wand. Ich sehe meine Füsse, höhre mich schreien, erlebe mich, den Rücken zur Wand und quer in der Luft, scheinbar endlos fallend. Es ist nicht wie bei grossen Sportkletterstürzen, die ich bislang aus der Perspektive des Stüzenden erlebte. Diesmal scheine ich neben mir herzufliegen. Der Fangstoss stoppt mit einem Knall diesen surealen Eindruck und ich hänge nach gut 10 m Sturz kopfüber fast neben Andrea am Einstieg. Sofort ist mir klar, dass der rechte Arm kaputt ist: er hängt eigenartig fremd an mir und ich kann die Finger nicht bewegen. Die Schulter schmerzt etwas aber vor allem brennt der ganze rechte Arm. Andrea lässt mich ab ab, ich sitze im Schnee, auch der rechte Fuss hat etwas abbekommen. Fast verliere ich das Bewusstsein. Andrea stabilisiert mich, die Schweitzer seilen ab.

Andi hatte das Sicherungsseil um ihren rechten Arm gewickelt, als sie mich stürzen sah. Neben mir flogen noch mehrere Tischplatten grosse Felsschuppen hinunter – direkt auf sie zu. Wäre sie getroffen worden, sollte das Seil nicht ungebremst in das Reverso laufen. Überall liegen Felsen, Andi blieb unverletzt. Allein ihr Arm ist vom Seil arg gequetscht.

Mein Handy ist das einzige mit fittem Akku. Vor dem Versuch mit Franz letzten Jahres hatte ich noch die Nummer der Bergrettung Chamonix gespeichert. Das spart nun Minuten. Sie bräuchten etwa eine Stunde. Ich werde abgelassen bis ich für eine Hubschrauberbergung weit genug vom Fels entfernt bin. Andrea, Jannu und Fiffi decken mich mit allen Jacken zu, die sie entbehren können. Abwechselnd steht immer einer ohne Faserpelz da und versucht sich warm zu halten. Noch 30 lange Minuten bis der Heli kommt. Während dessen beginnt ein wunderbarer Tag. Mehreremale beginne ich zu hyperventilieren, die drei beruhigen mich aber wieder. Dann der Heli. Zuerst die Helfer und die Ärztin. Sie checken die Lage, ich bekomme Morphium. Die Schmerzen verschwinden und die Sonne schiebt sich um den Dent du Geant. Die Bergung läuft und in der Bare erhasche ich noch einen letzten Blick auf meine Traumtour. Seit Jahren wollte ich schon hin...

Krankenhaus in Sallanches: Meine Hand muss gebrochen sein, da ich die Finger nicht bewegen kann. Aber auch das 20. Röngtenbild zeigt keinen Bruch. Derweil brennt der Arm wieder. Die Schwestern spielen sich mit dem automatischen Blutdruckmessgerät, das einfach nur Mist misst, als ich zum 2. Mal zum Röngten geschoben werde, erinnere ich die Schwestern noch an den Pulssensor an meinem Zeigefinger. Die Schmerzen werden wieder höllisch, ich bekomme nochmals Morphium. Plötzlich steht Andrea vor mir. Die Schweitzer halfen ihr unser Zelt zu packen und dir PGHM kam nochmals mit dem Heli hoch und holte sie mitsammt Gepäck ab. Die Jungs waren auch sehr erstaunt vom Steinschlag in diesem Bereich. Nach einem Cafe halfen sie ihr noch beim ausparken des nicht kleinen Busses. OK, ich muss in die Uni Klinik Genf. Nachdem der Fahrer des Krankentransportes mehrmals wieder im Krankenaus verschwindet und letztlich hin- und hertelefoniert, frage ich, was los sei. "Qui est ce que pays le transport..." Ich erkläre ihm, wo meine EC-Karte ist. In der kleinen Tüte sind mein Pass, die EC-, eine Kredit-Karte, DAV Ausweis, Führerschein und etwas Bargeld. Er findet sie nicht - "un card rouge", erkläre ich. Er suche eine "Card Bleue" sagt er ratlos suchend und hält meinen F¨hrerschein in der Hand. Mein Arm brennt und schreit nach einer weiteren Dosis Morphium - ansonsten zum lachen, die Szene. Gut, soll er halt die Mastercard nehmen. Er telefoniert, ich höre:"Seulement Visa...". Nun reicht es mir und ich fluche bayerisch laut vor mich hin. Gut, Mastercard geht auch. - Na also.

In Genf stehe ich erstmal lange in der Aufnahme. Das Morphium verliert immer mehr an Wirkung und mein Jammern und Winseln wird umso stärker. Auch verfalle ich wieder fast ins hyperventilieren. Die Dame am Empfang kümmert sich nicht, Schwester, Pfleger oder Arzt kommt auch nicht. Erst als ich fast schreie wird gehandelt und ich bekomme wieder Morphium. Keiner kann sich vorstellen, dass eine gebrochene Schulter so schmerzt. Aber es ist ja auch der Arm. In der Unfallstation ist dann doch alles gut. Es kommt eine ursprünglich aus Hamburg stammende Ärztin und ich bin nicht mehr auf mein schlechtes Französisch angewiesen. Andi bugsiert den Bus durch Genf und überzeugt den Pförtner durch geschickt schlechtes einparken von einem Parkplatz im Halteverbot. Sie hat mittlerweile meine Frau Andrea (Die Namensgleichheit führt noch zu Verwirrung) benachrichtigt. Andrea macht gerade Kurzurlaub mit ihrer Mutter in Paris. Das macht es für sie nicht leichter. Sie klärt alle Zugverbindungen nach München und Genf, wegen meines anstehenden Transports in die Unfallklinik Murnau fährt sie direkt nach München, organisiert noch Freunde, die unseren Kleinen vom KiGa abholen. Das sollten meine Eltern machen, die aber nun morgen der Andi bis nach Memmingen entgegenfahren. Sie wird in ihr dort geparktes Auto steigen, meine Eltern meinen Bus nach Hause fahren. Andrea kommt abends zuhause an, um gleich wieder ins Auto zu steigen und in ein 50km entferntes Krankenhaus zu fahren. Die Tochter unserer Freunde war gestürzt und hatte sich eine Gehirnerschütterung zugezogen. Da blieb Susanne nichts anderes übrig, als mit den beiden Schrazen ins Krankenhaus zu fahren.

Das CT zeigt, dass ich zur OP nach Hause transportiert werden kann. Auf alle Fälle sind die Nerven betroffen. Ich höre das erste mal das Wort "Armplexus". Der Krankentransport soll morgen um 9:30 eintreffen. Die nette Ärztin bietet Andi an, bei ihr zu übernachten. Sie lehnt ab, trocknet im Bus die Sachen, schafft Ordnung, nur zum schlafen kommt sie eigentlich nicht. Am nächsten Tag wird aus 9:30 Uhr für den Krankentransport fast 17:00. Der Transporter hatte eine Panne und musste auf Ersatzteile warten. Endlich unterwegs hoffe ich, dass der Fahrer, schon fast 20h unterwegs, in der warmen Nachmittagssonne nicht einschläft. Aber seine Fahrweise lässt dies nicht zu. In Deutschland ist die Autobahn stellenweise gesperrt, mit Blaulicht und Martinshorn schlängeln wir uns weiter. Kurz vor Mitternacht komme ich nach Murnau.

Der Zustand des Armes ist:

Die Symptome lassen sich so nicht den eindeutig den drei Hauptnerven des Armes (Ulnaris, Medianus und Radialis) zuordnen. Da muss etwas in der Zuleitung kaputt sein....


Last modified: Fri Mar 7 14:32:32 MET 2008